Zwei-Faktoren-Theorie der Emotion

Die Zwei-Faktoren-Theorie der Emotion geht auf den US-amerikanischen Sozialpsychologen Stanley Schachter (1964) zurück und besagt, dass Gefühle als eine Funktion von physiologischer Erregung und einer kontextabhängig zu dieser Erregung passenden Kognition verstanden werden können. Erst bemerken wir körperliche Symptome wie Schwitzen, Zittern, Pulsbeschleunigung oder Ähnliches, dann versuchen wir die Ursache dafür ausfindig zu machen.[1] So kann zum Beispiel exakt dieselbe körperliche Aufregung je nach Situation als Verliebtheit oder als Prüfungsstress empfunden werden. In mehrdeutigen Situationen, wenn die situativen Hinweisreize unterschiedlich interpretiert werden können, besteht demnach eine gewisse Wahlfreiheit der Gefühle.[2] So kann man als Opfer einer Aggression die körperlichen Symptome der Stressreaktion, die lediglich besonders viel Kraft bereitstellen, mit Fluchtgedanken zur Emotion Furcht verknüpfen oder mit Kampfgedanken zur Emotion Wut (vgl. Fliehen oder Kämpfen). Ebenso kann es zu falschen Ursachenzuschreibungen kommen; zum Beispiel kann Ärger über ein Missgeschick als Wut auf den Partner missverstanden werden.[3]

Als Verkaufstechnik wurde versucht, mit Kontextreizen angenehme Gefühle zu erzeugen, die (wenigstens zum Teil) auf die Waren übertragen werden. Kunden, die mit klassischer Musik berieselt wurden, kauften teurere Artikel.[4]

Schachters Theorie basiert auf mehreren Vorläufertheorien, wie der James-Lange-Theorie (1884), der 2-Komponenten-Theorie der Emotion von Gregorio Marañón (1924), sowie weiteren Theorien von Russel (1927) und Duffy (1941). Die Theorie hatte aufgrund ihres Experimentaldesigns zur Hypothesentestung (das u. a. auch als Beleg für die Kausalität herangezogen wird) den größten Einfluss auf die Psychologie und regte immer wieder zu Replikationsversuchen an.

  1. S. Schachter: The interaction of cognitive and physiological determinants of emotional states. In: L. Berkowitz (Hrsg.) Advances in experimental social psychology. Academic Press, New York 1964.
  2. E. Aronson, T. D. Wilson, R. M. Akert: Sozialpsychologie. 6. Auflage. Pearson Studium, 2008, ISBN 978-3-8273-7359-5, S. 147.
  3. R. C. Sinclair u. a.: Construct accessibility and the misattribution of arousal: Schachter and Singer revisited. In: Psychological Science. 5, 1994, S. 15–19.
  4. W. Schneider, A. Hennig: Zur Kasse, Schnäppchen! Südwest Verlag, 2010, ISBN 978-3-517-08595-1.

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